Von Kornelia C. Rebel
Die Diagnose Krebs ist für jeden Patienten mit psychischen Belastungen verbunden. Doch ein Unglück kommt selten allein. Komorbidität trifft bei jedem zweiten Krebspatienten zu und verkompliziert die Behandlung in der Praxis. Komorbidität bedeutet, an mehreren Krankheiten gleichzeitig zu leiden. Welche Krebsarten sind in der Praxis am häufigsten von Komorbidität betroffen? Was ist Psychoonkologie? Hier finden Sie Antworten.
Begriffsklärung: Was ist Komorbidität?
Bei dem Wort Komorbidität handelt es sich um einen relativ neuen Begriff. Der amerikanische Wissenschafter Alvan R. Feinstein verwendete dieses Wort zum ersten Mal im Jahr 1970 (1). Damals definierte er das Wort als jede zusätzliche, gleichzeitig bestehende Erkrankung mit einer diagnostizierten Krankheit. Er schuf dieses Wort, weil Komorbidität offensichtlich an der Tagesordnung war. Im gleichen Atemzug kritisierte er, dass die fehlende Beachtung von Begleiterkrankungen zu irreführenden Daten bei Sterblichkeitsraten führte.
Mittlerweile hat sich der Begriff Komorbidität zwar eingebürgert, aber auch als unzulänglich erwiesen. Das Wissenschaftsmagazin Journal of Comorbidity änderte seinen Namen im Jahr 2021 in Journal of Multimorbidity and Comorbidity um (2). Dabei berufen sich die Forscher auf folgende Definition von Multimorbidität aus dem Jahr 2010 (3): „Multimorbidität wird hier definiert als die Koexistenz von zwei oder mehr chronischen Erkrankungen, wobei eine nicht notwendigerweise zentraler ist als die anderen.“
Heutzutage wird das Wort Komorbidität etwas häufiger gebraucht als Multimorbidität. In diesem Artikel verwenden wir deshalb den Begriff Komorbidität. Er bezeichnet für uns mehrere Krankheiten, an denen Krebspatienten gleichzeitig leiden.
Prävalenz von Krebserkrankungen
Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählt Krebs weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Die Internationale Agentur für Krebsforschung schätzte im Jahr 2020, dass weltweit einer von fünf Menschen im Laufe ihres Lebens an Krebs erkranken werden. Jeder achte Mann und jede elfte Frau werden an Krebs sterben (4). Weltweit und auch in Deutschland steigen die Zahlen der Krebspatienten seit Jahren an.
Die DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie) hat 2020 eine Studie mit folgendem Titel veröffentlicht: Deutschlandweite Prognose der bevölkerungsbezogenen Morbiditätserwartung für häufige Krebserkrankungen (5).
In diesem Gutachten sagen die Experten voraus, dass Deutschlands Bevölkerung bis 2025 um voraussichtlich 1,3 Millionen Personen wachsen wird. Überproportional wird in diesem Zeitraum der Anteil der über 60-Jährigen steigen, nämlich um 20 bis 30 Prozent. Die Zahl der Krebspatienten wird ebenfalls deutlich zunehmen. Die DGHO rechnet mit rund 525.000 neuen Krebsfällen pro Jahr.
Wie bisher bleibt bei Frauen Brustkrebs die häufigste Erkrankung, gefolgt von Darm- und Lungenkrebs. Bei Männern sind Krebs der Prostata sowie Darm- und Lungenkrebs die häufigsten Krebsarten.
Komorbiditäten von Krebs in Deutschland
Die Untersuchung der DGHO listet verschiedene Komorbiditäten von Krebs, die sich auf Zahlen aus dem Jahr 2014 beziehen. Erwartungsgemäß steigen die Zahlen der Komorbiditäten mit zunehmendem Alter an. Bereits in jungen Jahren machen sich jedoch Nierenprobleme und Übergewicht bemerkbar.
Nierenerkrankungen und Krebs
Rund jeder zehnte Krebspatient im Alter zwischen 20 und 59 Jahren leidet gleichzeitig an einer Niereninsuffizienz. Chronische Nierenerkrankung (CKD) und Krebs sind auf mehrfache Weise miteinander verknüpft: Krebs kann CKD entweder direkt oder indirekt durch die unerwünschten Nebenwirkungen von Krebsbehandlungen verursachen. Andererseits ist CKD ein großer Risikofaktor für Krebs. Zudem spielen bei beiden Krankheiten häufig Giftstoffe aus der Umwelt eine wichtige Rolle (6).
Fettgewebe fördert Krebserkrankungen
Übergewicht zählt ebenfalls zu den zahlenmäßig häufigsten Komorbiditäten von Krebs. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen tritt sie nur bei etwa jedem zehnten Krebspatienten auf. Bei allen anderen Altersgruppen von Krebs beträgt die Anzahl der stark übergewichtigen Personen um die 20 Prozent.
Weltweit gilt Übergewicht, gemessen am Body Mass Index, als ein wichtiger Risikofaktor für alle gängigen Krebsarten. Eine 2015 veröffentlichte Studie bezeichnete die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen als „unvollständig verstanden“ (7). Bereits ein Jahr später publizierten US-amerikanische Wissenschaftler eine Untersuchung, in der sie mit Fettleibigkeit verbundene chronische Entzündungen als die Hauptursache identifizieren (8).
Demnach handelt es sich bei Fettgewebe um ein endokrines Organ. Das bedeutet, es sondert Signalstoffe ab. Diese können die Mikroumgebung eines Tumors ebenso regulieren wie das Verhalten von Tumoren. Zellen aus dem Fettgewebe und Stammzellen von Fett können in der Umgebung eines Tumors das Wachstum fördern.
Darüber hinaus fördert Übergewicht zusätzlich andere chronische Krankheiten, die mit Krebs in Verbindung stehen. Dazu zählen die bereits erwähnten chronischen Nierenerkrankungen, aber auch Diabetes mellitus und Atherosklerose (9).
Häufig bei älteren Patienten: Diabetes und Krebs
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von Kornelia C. Rebel / Biologe, Autor, Wildpflanzen-Experte
Dank Magersucht und Binge Eating in ihrer Jugendzeit gehört Kornelia C. Rebel zu den Experten, die sich schon in jungen Jahren intensiv mit Ernährung beschäftigt haben. Die Ess-Störungen hat die ausgebildete Journalistin mithilfe einer Psychotherapie überwunden. Das Interesse an der vielschichtigen Bedeutung von Essen ist geblieben. Nach zehn Jahren Arbeit als Redakteurin für Tageszeitungen und Rundfunk hat Kornelia als Hausfrau und Mutter in Goa, Indien, drei Bücher über Ernährung in englischer Sprache geschrieben. Alle erhielten den Gourmand World Cookbook Award von Edouard Cointreau. Cooking for Happiness bekam 2017 sogar den Titel ‚Best in the World’ in der Kategorie Innovativ. Heute schreibt Kornelia als freie Autorin wissenschaftlich fundierte Texte über Gesundheitsthemen. Ihr Spezialgebiet sind Nahrungsergänzungsmittel.